News

Im Gespräch: Michael Huesmann

By Knauf Insulation
17. Juli 2023

Seit sieben Jahren leitet Michael Huesmann erfolgreich das Zentraleuropa-Geschäft von Knauf Insulation. Zuvor zeichnete er 8 Jahre als Geschäftsführer beim Bauproduktehersteller Danogips verantwortlich, nachdem er dort bereits als Vertriebschef für Norddeutschland den Verkauf dirigierte. Durch seine langjährige Erfahrung im Baustoffgeschäft und die fundierte Verkaufsexpertise hat er ein ausgezeichnetes Gespür dafür, in welche Richtung die Branche steuert. Wir haben mit ihm über die aktuellen Entwicklungen vor dem Hintergrund der Energiewende gesprochen.

Herr Huesmann, in den vergangenen Jahren ist im Baustoffmarkt viel geschehen. Beschreiben Sie uns doch kurz, wie Sie die Entwicklung der vergangenen 7 Jahre erlebt haben, in denen Sie bei Knauf Insulation sind.

Die vergangenen Jahre waren für uns von einer enormen Nachfrage nach Dämmstoffen geprägt. Vor allem die Zinspolitik und politische Wohnraumziele haben dafür gesorgt, dass der Bau enorm Fahrt aufgenommen hat und unsere Produkte händeringend gesucht wurden. Selbst die Corona-Krise konnte die Bautätigkeit nicht ernsthaft einbremsen, weshalb wir und alle Bauschaffenden vergleichsweise gut durch diese herausfordernde Zeit gekommen sind. Handwerker waren beispielsweise über Monate ausgebucht und wir mussten alles geben, um den Hunger des Markts nach Dämmstoffen zu stillen.

Nun erleben wir seit rund eineinhalb Jahren eine andere Entwicklung. Gestiegene Energiepreise haben den Druck auf die Kostenkalkulationen der Hersteller erhöht und letztendlich die Preise am Markt steigen lassen. Gestiegene Zinsen lassen gleichzeitig den Neubau schwächeln, was uns die Genehmigungszahlen zeigen. Dafür ist die Gebäudemodernisierung wieder in aller Munde.

Das Wichtigste ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht unnötig in die Krise zu reden.
Michael Huesmann

Wie können Bauschaffende der aktuellen Situation Ihrer Ansicht nach am besten begegnen?

Das Wichtigste ist, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht unnötig in die Krise zu reden. Für alle, die ihr Geld im Bauumfeld verdienen, wird meiner Ansicht nach eine schnelle Umstellung auf den Modernisierungsmarkt wichtig sein. Wir sehen, dass die Energieeffizienz der Bestandsgebäude entscheidend für das Erreichen energiepolitischer Ziele sein wird. Jeder, der Gebäude errichtet oder saniert, weiß zum Beispiel, dass die Gebäudehülle für den effizienten Betrieb einer Heizung und insbesondere einer modernen Wärmepumpe entscheidend ist – auch, wenn das heutzutage von fachfremden gerne anders behauptet wird.

Sicher wird das Geschäft in der nächsten Zeit „mühsamer“ werden. Hersteller, Händler und Handwerker werden wieder mehr aktiv verkaufen müssen, statt knappe Kapazitäten zu verteilen.

 

 

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Baubranche diesen Richtungswechsel schafft?

Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ein Auf und Ab des Marktes erlebt und auch schon schwierigere Situationen gemeistert. Daher bin ich grundsätzlich optimistisch. Der Bau bleibt auch weiterhin eine Schlüsselbranche, die Wohnraum schafft und für Energieeffizienz sorgt. Ohne den Bau gibt es keine Energiewende.

Es wird sich jedoch vermutlich etwas die Spreu vom Weizen trennen. Nicht jeder Akteur, der in den vergangenen Jahren vom Boom profitieren konnte, wird die Umstellung schaffen. Große Chancen sehe ich vor allem für echte Fachunternehmer mit Qualifikation und Expertise, denen es gelingt, Gebäude ganzheitlich zu betrachten – von der Gebäudehülle über die Heiztechnik bis hin zur Energieerzeugung mit Photovoltaik. Hervorragende Chancen werden sich auch im Holzbau ergeben, beispielsweise durch die Themen Aufstockung von Wohngebäuden und Nachverdichtung in Ballungsgebieten.

Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ein Auf und Ab des Marktes erlebt und auch schon schwierigere Situationen gemeistert.
Michael Huesmann

Wie geht es Ihrer Ansicht nach mit dem Neubau weiter?

Eine gewisse Zurückhaltung werden wir in der Baubranche noch eine Weile spüren. Gestiegene Baukosten, höhere Zinsen und Unsicherheiten aufgrund von politischen Diskussionen um Vorgaben des Gesetzgebers im Rahmen des GEG (Gebäudeenergiegesetz) hinterlassen ihre Spuren. Nicht nur private Bauherren, sondern auch gewerbliche Investoren warten unter Umständen noch ein bisschen ab, wie sich die Lage entwickelt.

Allzu lange kann das Zögern jedoch nicht dauern. Das weiß auch die Bundesregierung, die Maßnahmen auf den Weg bringen muss, um den Knoten zu lösen. Schließlich drängen die Wohnbauziele. Vor allem muss der Gesetzgeber Klarheit schaffen, unter welchen Bedingungen in Deutschland in den kommenden Jahren gebaut und saniert werden soll, damit Bürgerinnen und Bürger nicht abgeschreckt werden, an der Energiewende aktiv mitzuwirken.

 

 

Was bedeuten die neuen Herausforderungen konkret für Knauf Insulation?

Ich sehe uns gut gerüstet für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen. Unser Portfolio ist breit aufgestellt – sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung. Wir können mit unseren Glas-, Stein- und Holzwolle-Produkten auf drei Technologien setzen, die allesamt auf nachhaltigen, natürlichen Rohstoffen basieren und im Vergleich zu klassischen Ökodämmstoffen wirtschaftlich und massentauglich sind. Das trifft nicht nur den aktuellen Zeitgeist, sondern bringt uns für die Zukunft in eine komfortable Ausgangsposition.

Vor allem muss der Gesetzgeber Klarheit schaffen, unter welchen Bedingungen in Deutschland in den kommenden Jahren gebaut und saniert werden soll, damit Bürgerinnen und Bürger nicht abgeschreckt werden, an der Energiewende aktiv mitzuwirken.
Michael Huesmann

Was genau unterscheidet Knauf Insulation dabei von anderen Anbietern?

Durch unser Portfolio sind wir in der glücklichen Situation, nicht eine Technologie mit der Brechstange verkaufen zu müssen. Wir haben stets die Möglichkeit, die optimale Lösung für eine Herausforderung im Gebäude anbieten zu können. Das geht sogar so weit, dass wir beispielsweise statt einer Glaswolle in Rollen- oder Plattenform auch Einblasdämmung aus Glaswolle empfehlen können, wenn es der Anwendungsfall verlangt. Deckendämmungen können wir aus Steinwolle, Holzwolle oder aus einer Kombination aus beidem anbieten – direkt montiert oder abgehängt. Eben genau so, wie es der Planer oder Bauherr wünscht.

 

 

Können Sie berichten, wie Sie Ihre Strategie auf das aktuelle Marktgeschehen angepasst haben?

Es ist nicht so, dass wir unsere Strategie fundamental anpassen müssten. Nach wie vor möchten wir mit erstklassigen Produkten, Innovationen, anwendungsfreundlichen Systemen und kundenorientierten Services punkten. Das ist nichts, was aus der Mode kommt, weil der Markt nun eher Modernisierungen statt Neubauten fokussiert.

Taktisch werden wir vor allem das Handwerk in Zukunft noch besser dabei unterstützen, Bauherren und Modernisierer davon zu überzeugen, aktiv zu werden. Aktuell stellen wir Fachunternehmern bereits Botschaften und Werbemittel zur Verfügung, mit denen sie wiederum potenzielle Kunden ansprechen und von effektiven Sanierungsmaßnahmen überzeugen können.

Unsere Produktentwicklung fokussiert nach wie vor den praktischen Nutzen und die Effizienz der Knauf Insulation Lösungen, damit die Arbeit des Handwerks gewinnbringender wird. Wir wollen die Arbeit kraftschonender machen und es ermöglichen, dass mehr Baustellen mit derselben Mannschaft bewältigt werden können.

Gerade in unruhigen Zeiten hilft es, flexibel zu bleiben und sich der eigenen Stärken bewusst zu sein.
Michael Huesmann

Wenn Sie eine Prognose abgeben müssten, wie sich die Lage am Markt in den kommenden Jahren entwickelt, was würden Sie sagen?

Wenn wir etwas in den vergangenen Jahren durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg gelernt haben, dann ist es, dass sich die Lage von einem Tag auf den anderen ändern kann. Diese Volatilität hat gezeigt, dass alle Prognosen stets auf tönernen Füßen stehen. Daher möchte ich keine Prognose abgeben, sondern einen Ratschlag mitgeben: Gerade in unruhigen Zeiten hilft es, flexibel zu bleiben und sich der eigenen Stärken bewusst zu sein. Wenn man diese richtig einsetzt, kann man allen Herausforderungen begegnen.

 

Vielen Dank, Herr Huesmann.