
Versenkt und verputzt
Die Fassade ist zweifellos die Visitenkarte eines Gebäudes. Sie lässt ein Objekt entweder hochwertig und gepflegt oder verwahrlost erscheinen. Es müssen nicht gleich Graffitis oder abgeplatzte Putzflächen sein, um das Erscheinungsbild eines Hauses zu zerstören. Es genügen kleine, kreisrunde, helle Flecken, so genannte Dübelabzeichnungen, die WDVS-gedämmte Fassaden überziehen, um selbst vergleichsweise neue Gebäude schäbig wirken zu lassen.
Man könnte nun sehr wohlwollend festhalten: Die hellen Flecken sind ein Zeichen dafür, dass das Haus zumindest gedämmt ist. Der Eigentümer hat also etwas getan, um den Energieverbrauch des Gebäudes zu senken. Löblich! Blickt man jedoch nüchtern und realistisch auf die Situation, muss man festhalten, dass bei der Dämmung der Fassade Fehler gemacht wurden. Fehler, die sich zweifellos vermeiden lassen.
Woher kommen die Flecken?
Um zu ergründen, wie man Dübelabzeichnungen, die liebevoll Panthereffekt genannt werden, verhindern kann, muss man wissen, wie und weshalb sie entstehen. Die Erklärung ist simpel: Grundsätzlich hängen Dübelabzeichnungen, Feuchtigkeit und daraus resultierender Algenbefall eng zusammen. Im Bereich der Dübel, die zur Befestigung der Dämmplatten eines Wärmedämmverbundsystems dienen, entstehen Wärmebrücken. Sie sind recht klein, reichen jedoch aus, um den Putz über dem Dübelteller wärmer zu halten als die Putzbereiche auf der Fläche, die direkt über dem Dämmstoff liegt. In diesen wärmeren Bereichen, verursacht durch die Wärmebrücke jedes einzelnen Dübels, kann die Fassade schneller trocknen. Algenbeläge haben es daher schwerer, sich festzusetzen. Während die Fassade, insbesondere an schattigen Stellen, langsam durch Algen- und Mooswachstums dunkler wird, bleiben die Flächen über den Dübeln heller.
Panthereffekt verhindern
Nun stellt sich die Frage, wie man diese Abzeichnungen verhindern soll. Insbesondere dann, wenn man auf Biozide, die durch Niederschläge ausgewaschen und ins Grundwasser sickern können, verzichten möchte. Auch hier fällt die Beantwortung nicht schwer. Es gibt im Grunde drei effektive Wege:
- Man verzichtet auf Dübel. Das ist in manchen Fällen möglich, in der Regel aber nur bei leichten Systemen, minimalen Windlasten und geringen Gebäudehöhen.
- Man nutzt dickere Putzschichten. Dies ist eine sehr effektive Methode, Algen und Moos einzudämmen. Der dicke Putz speichert die Wärme im Tagesverlauf deutlich besser und macht es möglich, dass die ganze Fassade schneller trocknet.
- Man versenkt den Dübel. Im Grunde ist das bei zu verdübelnden Fassaden in Verbindung mit Dünnputzsystemen die zuverlässigste Variante, Dübelabzeichnungen zu verhindern. Der Dübel sitzt unterhalb der Dämmplattenoberfläche und wird von einem Dämmstoffstopfen überdeckt. Die Wärmebrücke ist eliminiert und die Fassade altert gleichmäßig.
Versenken und verputzen
Das Prozedere der versenkten Verdübelung ist weder kompliziert, noch besonders zeitaufwändig. Benötigt werden geeignete Dämmplatten, Spezialdübel und ein Montagetool, das in gewöhnliche Bohrfutter gespannt werden kann. Nachdem die Dämmplatte auf die Wand geklebt und das Dübelloch vorgebohrt wurde, wird der Dübel mit dem Montagetool in das Loch gedreht. Dabei sorgt der Aufsatz für die Komprimierung des Dämmstoffs unterhalb des Dübels. Der Dübelteller versinkt beim Eindrehen in der Dämmschicht. Um die Armierungsschicht vom Teller zu entkoppeln, muss nur noch eine Dämmstoff-Rondelle aufgesetzt werden, die für eine homogene Oberfläche und eine überdeckte Wärmebrücke sorgt. Armierungsschicht und Putz können auf dieser Fläche sauber und einfach aufgetragen werden und Dübelabzeichnungen werden effektiv verhindert.
Bleibt die Frage offen, weshalb die versenkte Verdübelung nicht längst Standard bei der Montage von WDVS ist. Diese Frage ist nun nicht mehr so leicht zu beantworten. Das gute alte „haben wir immer so gemacht“ spielt sicher eine Rolle. Zudem kursieren auch mehrere Vorurteile auf unseren Baustellen. „Das dauert zu lange“ und „das kostet zu viel“ sind hier sicher als die Klassiker in dieser Kategorie zu nennen. Natürlich ist das Versenken minimal aufwendiger als das Einschlagen eines Dübels. Und ja, die Dübel und das Montagetool kosten Geld. Doch bleibt der Fachunternehmer weder auf dem Mehraufwand noch auf den Materialkosten sitzen. Im Gegenteil: Die allermeisten Auftraggeber sind dankbar für Lösungen, die für dauerhafte Haltbarkeit sorgen. Dafür sind sie auch bereit, ein paar Euro mehr zu bezahlen. Insbesondere dann, wenn eine hochwertige Optik eine höhere Miete bedeuten kann.
![]() | Unser Autor Michael Leibold ist Produktsegmentmanager WDVS, Flachdach & Blowing Wool bei Knauf Insulation. In seiner Fachkolumne „Hinter der Fassade“ beleuchtet er Themen aus dem Fassadenbereich und erläutert Lösungen für branchenbekannte Herausforderungen. Mehr unter www.knaufinsulation.de/hinter-der-fassade |
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