
WDVS im Holzbau
Dass Holzbauten nicht alle wie das schwedische Blockhaus von Michel aus Lönneberga aussehen, ist mittlerweile in der breiten Bevölkerung durchgedrungen. Einfamilienhäuser, Hochhäuser, Bürokomplexe, aufgesetzte Penthouse-Wohnungen: Der moderne Holzbau macht scheinbar alles möglich. Viele Objekte, die in Holzbauweise gefertigt wurden, sind von ihren massiven Pendants nicht zu unterscheiden – sowohl optisch, als auch was die energetische und brandschutztechnische Leistung sowie die Alterungsbeständigkeit betrifft. Wärmedämmverbundsysteme leisten hier einen wichtigen Beitrag. Vorausgesetzt, sie wurden fachgerecht ausgeführt.
Ich bin in einer Zimmerer-Familie aufgewachsen, habe selbst eine Lehre in diesem Bereich abgeschlossen und sogar Holzbauingenieurwesen studiert. So habe ich hautnah miterlebt, welche beeindruckende Entwicklung der Holzbau in Deutschland vollzogen hat. Sollten Sie selbst wenig mit dem Zimmerer-Handwerk zu tun haben, können Sie mir glauben: Moderne Holzbauten sind heute Hightech-Objekte, in denen zahlreiche innovative Produkte und Systeme ineinandergreifen, um eine wirtschaftliche Ausführung, exzellente Wärmedämmung, Brand- und Schallschutz sowie Dauerhaftigkeit möglich zu machen. Trotzdem erwische auch ich mich selbst dabei, wie ich beim Stichwort Holzbau ein romantisches Häuschen mit hölzerner Stülpschalung vor dem geistigen Auge sehe. Seltsam! Vor allem, weil die allermeisten Häuser in Holzbauweise heute keineswegs so aussehen.
Das WDVS macht’s möglich
Alleine die Fertighaus-Industrie stellt bei uns pro Jahr mehr als 10.000 Häuser in Holzbauweise auf die Grundstücke der Bauherren – überwiegend mit Wärmedämm-Verbundsystemen, also letztendlich mit konventionell verputzten Fassaden. Nicht mit holzverschalter Blockhausromantik! Der Grund: WDVS sind besonders wirtschaftlich umsetzbar, insbesondere bei einem hohen Vorfertigungsgrad in den Fließbandstraßen der Fertighausproduzenten und großen Holzbaubetriebe. Die Dämmschichten (Putzträgerplatten) lassen sich oft per Klammern oder sogar nur geklebt an den vorgefertigten Wandmodulen befestigen. Selbst armierter Unterputz (manchmal sogar Oberputz) kann schon vor der endgültigen Montage aufgebracht werden. Dazu kommt, dass WDVS eine beachtliche Dämmleistung erzielen können, vor Lärm schützen und eine effektive Barriere gegen Wind, Wetter und Feuchtigkeit bilden. Letzteres ist ein entscheidender Faktor, auf den ich gleich noch detaillierter eingehen werde.
Nicht zuletzt machen WDVS hervorragenden Brandschutz möglich – auch im Holzbau. Zum Beispiel dann, wenn sie auf Basis von Steinwolle-Dämmung gemeinsam mit anderen nicht brennbaren Werkstoffen alle Holzbauteile sicher einkapseln. Ein Beispiel für solch eine Lösung, die im mehrgeschossigen Holzbau unverzichtbar ist, finden Sie hier: Die Aufstockung von sieben Mehrfamilienhäusern in Unterschleißheim bei München.
Sorgfalt ist oberstes Gebot
Nun lässt es sich jedoch nicht wegdiskutieren: Holz am Bau verträgt sich auf lange Sicht nicht mit dauerhafter Feuchtigkeit. Dieser Umstand macht es unumgänglich, bei der Planung und Ausführung der Fassade besonders sorgfältig vorzugehen. Ein Spannungsriss mag an einer gemauerten Wand verkraftbar sein. Er wird eher als optischer Mangel verbucht. Ein Holzbau verzeiht jedoch nicht. Kleinste Risse und offene Fugen können massive Schäden nach sich ziehen. Insbesondere dann, wenn sie in Bereichen liegen, die besonders stark von Feuchtigkeit belastet werden oder zu Rissen neigen. Dazu gehören:
- Fensterlaibungen
- Sockelbereiche
- Terrassenaustritte
- Alle Durchdringungen
- Anschlussbereiche von Querbauten
- Anschlussbereiche von aufsteigenden Anbauten
Kommunikation ist das A und O
Um Mängel zu vermeiden, sind alle beteiligten Akteure gefordert, auf eine fachgerechte und dauerhaft sichere Ausführung zu achten. Nicht nur die Zimmerleute, die eine Wand bis zur Putzschicht bauen, sondern auch die Handwerker, die die Fassade schlussendlich verputzen – also Stuckateure bzw. Putzer oder Maler.
Absprachen sind unverzichtbar! Eine gewissenhafte, gewerkeübergreifende Kommunikation bekommt daher eine besondere Bedeutung. Ich empfehle allen ein Protokoll zur Gewerkübergabe, weil sie eine detaillierte Absprache quasi erzwingt. Welche Dämmplatten wurden verbaut, welches Putzsystem ist zulässig, welche Schichtdicken sind erforderlich? All das und noch viel mehr muss allen Beteiligten klar sein. Im besten Fall, schon weit bevor die Arbeiten beginnen. Daher sollte die spätere Ausführung eines Holzbaus im besten Fall bereits detailliert in der Planungsphase bedacht werden.
Wenn Sorgfalt und Kommunikation berücksichtigt werden, ist die Fassadendämmung mit Wärmedämm-Verbundsystemen im Holzbau nicht kritischer als im Massivbau. Für den Holzbau selbst sind die Systeme ein Segen. Hunderttausende positive Beispiele für die hervorragende Leistung von WDVS im Holzbau, die uns ständig im Alltag begegnen, beweisen das.
![]() | Unser Autor Michael Leibold ist Produktsegmentmanager WDVS, Flachdach & Blowing Wool bei Knauf Insulation. In seiner Fachkolumne „Hinter der Fassade“ beleuchtet er Themen aus dem Fassadenbereich und erläutert Lösungen für branchenbekannte Herausforderungen. Mehr unter www.knaufinsulation.de/hinter-der-fassade |
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